Verstehen, statt Verurteilen - Aktionstag Alkoholprobleme mit dem Thema "Stigma"

Stigmatisierung erschwert den Weg aus der Alkoholabhängigkeit. Sie verursacht zusätzliches Leid und hält Betroffene im Verborgenen. Am Donnerstag, den 22. Mai setzen sich Blaukreuz-Organisationen für «Verstehen statt verurteilen» ein. Mit Events an 13 Orten in der Schweiz setzen sie ein Zeichen gegen Ausgrenzung und für mehr Offenheit. Betroffene teilen ihre persönlichen Erfahrungen öffentlich.

Rund 250'000 Personen in der Schweiz sind von einer Alkoholabhängigkeit betroffen. Jede dritte Person hat jemand mit Alkoholproblemen im nahen Umfeld. Menschen mit einer Alkoholabhängigkeit leiden nicht nur unter den Folgen ihrer Erkrankung – sie leiden auch unter der gesellschaftlichen Stigmatisierung. Über das Stigma zu sprechen, kann helfen, dieses Leid zu verringern. Über die Blaukreuz Social Media-Kanäle werden drei Betroffene Stellung nehmen und berichten von ihren persönlichen Erfahrungen.

«Ich bin Sohn von psychisch kranken und süchtigen Eltern. Ich habe Stigma erfahren, seit ich auf der Welt bin. Es ist ein Versteckspiel gewesen. Die Nachbarn durften nichts erfahren.» – Michel

Stigma verursacht doppeltes Leid

Menschen mit einer Alkoholabhängigkeit erleben häufig eine doppelte Belastung: Sie kämpfen mit ihrer Sucht und zugleich mit der gesellschaftlichen Ausgrenzung. Das Stigma führt oft dazu, dass Betroffene ihre Situation verschweigen – was eine Heilung zusätzlich erschwert.

«Ich bleibe laut für all die Menschen, die auf Grund von Stigmatisierung und Scham immer noch leise leiden.» – Monika

 

Je weniger Stigma, desto grösser die Heilungschancen

Rund 16,4 % der Bevölkerung ab 15 Jahren konsumieren Alkohol in gesundheitsriskanter Weise – episodisch oder chronisch. Die meisten zögern lange, sich Hilfe zu holen, aus Angst vor Ablehnung. Dabei ist frühzeitige Unterstützung für die Heilung entscheidend. Stigmatisierung verstärkt das Leid und wirkt sich negativ auf den Krankheitsverlauf aus. Selbst im Gesundheitswesen erleben Betroffene oft Ablehnung – in einer Studie fühlten sich 70 % von ihnen im Kontakt mit Behörden oder Institutionen stigmatisiert. Zusätzlich kann die Befreiung vom Stigma ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur Genesung sein.

«Stigma ist oft Selbststigma. Seit ich transparent bin, erhalte ich viel mehr Unterstützung, als ich mir das jemals habe vorstellen können.» – Michel

 

Ein gesellschaftliches Paradox: Alkohol verbindet – und isoliert

Alkohol hat seinen Platz während sozialer Anlässe. Und wer nicht trinkt, fällt auf. Gleichzeitig ist exzessiver Konsum tabuisiert. Das Motto des Aktionstags «verstehen statt verurteilen» rückt dieses Spannungsfeld ins Zentrum. Alkohol begleitet Feiern, Begegnungen und den wohlverdienten Feierabend. Der Begriff „Feierabendbier“ existiert nur im Deutschen – in keiner anderen Sprache gibt es eine Entsprechung. Wer hingegen auf Alkohol verzichtet, sieht sich häufig mit Rechtfertigungsdruck konfrontiert: „Warum trinkst du nicht?“ Alkohol ist die einzige Droge, für deren Nicht-Konsum man sich rechtfertigen muss. Gleichzeitig werden Menschen mit einem problematischen Konsum oft verurteilt, obwohl Alkoholabhängigkeit keine Charakterschwäche und keine Frage des Willens, sondern eine Erkrankung ist.

«Ich habe meine Suchterkrankung akzeptiert. Schwäche zuzugeben, ist eine Stärke. Lass uns darüber reden, um das Stigma von psychischen Erkrankungen und Suchterkrankungen zu beenden.» – Daniel

 

Events in der ganzen Schweiz

Der jährlich wiederholende Aktionstag Alkoholprobleme wird vom Fachverband Sucht, GREA, Sucht Schweiz und dem Blauen Kreuz Schweiz geleitet, die Teilfinanzierung läuft über das Bundesamt für Gesundheit (BAG). Am Donnerstag, 22. Mai 2025 organisieren Blaukreuz-Organisationen in der ganzen Schweiz folgende Events:

Events von weiteren Organisationen gibt es unter: https://www.aktionstag-alkoholprobleme.ch/de/eventkalender.