Berühmte Nichttrinker: Ringo Starr

Mit den Beatles wurde Ringo Starr zu einem der berühmtesten Schlagzeuger der Welt. Was er sich in den Kopf setzt, lässt er nicht wieder los. Das gilt auch für seine Alkoholabstinenz, die er seit 1988 aufrechterhält.

Richard Starkey wurde am 7. Juli 1940 in Liverpool in Grossbritannien geboren und wuchs im Ortsteil Dingle auf. Seine Eltern, Elsie und Richard Henry Parkin Starkey, liessen sich scheiden, als das Einzelkind drei Jahre alt war. Nach der Scheidung wuchs er bei seiner Mutter auf. Ringo (den Spitznamen bekam er, weil er sehr gerne Fingerringe trug) ging in seiner Heimatstadt zur Schule, wo er krankheitsbedingt häufig fehlte. Wegen einer Bauchfellentzündung und einer Tuberkulose verbrachte Ringo Starr drei Jahre seiner Kindheit und Jugend im Krankenhaus. In einer spitalinternen Band versuchte der Dreizehnjährige sich zum ersten Mal als Musiker. Zwei Jahre später begann sein Berufsleben. Er wechselte von Hilfsjob zu Hilfsjob, bis er schliesslich Maschinenschlosser lernte. Zusammen mit zwei Kollegen musizierte er und gründete die Eddie Miles Band.

Als der Lebensgefährte seiner Mutter Ringo zum achtzehnten Geburtstag ein Schlagzeug schenkte, brachte er sich das Know-how als Drummer selbst bei. Dazu sagt er: «Ich habe nie wirklich etwas gelernt. Auch Schlagzeuger habe ich nicht gelernt. Ich trat Bands bei und machte auf der Bühne alle möglichen Fehler.» Ihm wurde früh klar, dass das Schlagzeug sein Lebensmittelpunkt sein würde: «Drumming ist mein zweiter Vorname.» Von 1959 bis 1962 war Ringo Starr Schlagzeuger in der Band «Rory Storm & The Hurricanes». Bei den Auftritten lernte er auch die Mitglieder anderer Bands kennen. Bald freundete er sich mit John Lennon, Paul McCartney und George Harrison an, die bereits als «The Beatles» auftraten. Als ihr Schlagzeuger Pete Best 1961 krankheitshalber an einem Konzert ausfiel, sprang Ringo Starr ein. Ein gutes Jahr lang war er der Ersatzmann für den oftmals kranken Pete. Ein Jahr später, am 18. August 1962, erhielt Starr im Rahmen eines neuen Plattenvertrags seinen festen Platz in der Band.

Der unterschätzte Beatle

Ringo Starr blieb den Beatles bis zu deren Auflösung treu. Auch danach sollte die Freundschaft mit seinen drei Kollegen andauern. Mit den Beatles feierte Ringo Starr seine grössten Erfolge. Die Band wurde legendär und bei jedem Auftritt von den Fans frenetisch gefeiert. Die Konzerte nahmen allerdings mit den Jahren so extreme Züge an, dass die vier im Sommer 1966 zum letzten Mal gemeinsam als Band auftraten. Ein Fan beschrieb diesen Auftritt so: «Man konnte die Songs zwar noch erkennen, aber die Texte waren nicht mehr zu verstehen. Man hörte nur das Schreien der Fans. Es war die totale Hysterie.» Von da an konzentrierten sich die Beatles auf die Aufnahme von Alben und Singles. Sie standen auf dem Höhepunkt ihres Ruhms und führten zeitweise in fast allen Ländern der Welt die Hitparaden an. Ihre grössten Hits wie «Help!», «Hey Jude» oder «Yesterday» wurden zeitlose Hits.

Ringo Starr stand bei den Beatles allerdings im Schatten seiner Bandkollegen, die mit ihren Fähigkeiten als Sänger, Musiker und Songwriter glänzten. Er schrieb nur wenige Songs für die Band und erhielt nur einfache Gesangspartien zugeteilt. Als Schlagzeuger wurde er von vielen Kritikern als unbegabt abgetan. Ringo Starr selbst war zu bescheiden und zu gutmütig, um diesem Ruf etwas entgegenzusetzen. Über seinen Spielstil sagte er einst: «Ich halte das Schlagzeug für ein primitives Instrument. Ich spiele nicht präzise. Ich bin nicht perfekt.» In der Tat war sein Spiel technisch begrenzt und wirkte manchmal unbeholfen. Aber er verstand es wie kein Zweiter, das Schlagzeug so einzusetzen, dass es die Lieder bestmöglich unterstützte. «Ich folge den Emotionen der Lieder», sagte er. Dave Grohl von der Band «Nirvana» bezeichnete ihn als «the king of feel». Mit seiner Rolle als Letztem der «famous four» fand Starr sich jedoch nie ganz ab. Er fühlte sich zu wenig gewürdigt, oft nur geduldet, und in der Tat wurde er bisweilen als Clown der Band belächelt. Im Jahr 1968 kam es zum Eklat: Er verliess nach einem Streit bei Musikproben wutentbrannt die Band. Paul McCartney übernahm an seiner Stelle die Rolle des Schlagzeugers. Auf Initiative von John Lennon kam es zur Versöhnung. Er schickte Ringo ein Telegramm mit den Worten: «Du bist der beste Rock-Schlagzeuger der Welt, bitte komm zurück. Wir brauchen dich!» Ringo kam zurück und wurde nie mehr gedemütigt. Ein Jahr später kam es zu Spannungen in der Band. Die Beatles lebten sich immer mehr auseinander und stritten sich auch über die Führung der Band. Im Herbst 1969 gab John Lennon seinen Austritt bekannt und im Frühling 1970 lösten sich die Beatles endgültig auf.

Eine lange und vielseitige Solokarriere

 Ringo Starr heiratete 1965 seine langjährige Freundin Maureen Cox und hatte mit ihr drei Kinder, Zacharias (Zak), Jason und Lee. Zak trat in die Fussstapfen seines Vaters, wurde Schlagzeuger, spielte für kurze Zeit in der Band «Oasis» und wechselte dann zu der ebenfalls berühmten Gruppe «The Who». Nach zehn Jahre Ehe trennte sich Starr von seiner Frau und heiratete 1981 die amerikanische Schauspielerin Barbara Bach, mit der er noch heute verheiratet ist.

Bereits in seinem letzten Jahr als Beatle arbeitete der Musiker an seinem ersten Soloalbum «Sentimental Journey», das im März 1970 veröffentlicht wurde. Als Solomusiker und Sänger brachte er es auf nicht weniger als zwanzig Studioalben, sechs Kompilationen, elf Live-Alben, über sechzig Singles und etwa drei Dutzend weitere musikalische Veröffentlichungen. Seine grössten Soloerfolge feierte er von 1971 bis 1975, darunter die Single «It Don’t Come Easy», die in England, Deutschland und den USA ganz oben in den Charts landete, und das Album «Ringo», das sich 1,1  Millionen Mal verkaufte. Er trat an Benefiz-Konzerten auf und tourte seit 1989 mehrmals mit seiner eigenen «All Starr»-Band um die Welt. Neben seinen Soloaktivitäten stand er auch nach der Auf­lösung der Beatles seinen Exkollegen George Harrison und John Lennon sowie dessen Frau Yoko Ono bei deren Alben weiterhin als Schlagzeuger zur Verfügung. Im Gegenzug steuerten diese den Inhalt mehrerer Songs für Starrs Soloalben bei.

Alkohol – eine überwundene Sucht

In der Zeit zwischen 1977 und 1988 stand Ringo Starrs künstlerische Karriere weitgehend still. Der Drummer musste mehrere Tiefschläge einstecken. Er überlebte einen schweren Autounfall, musste 1980 das Attentat auf John Lennon verkraften, und 1979 zerstörte ein Feuer sein Haus in Los Angeles. Sein Alkohol- und Drogenkonsum geriet ausser Kontrolle. Der Star erinnert sich: «Die Filmrisse wurden immer schlimmer. Ich wusste nicht mehr, wo ich gewesen war und was ich gemacht hatte.» Starr arbeitete nun auch unter Alkoholeinfluss. Von seiner Sucht gezeichnet, konnte er sich Ende der 1980er Jahre kaum noch auf den Beinen halten. «Ich war kurz davor, im Grab zu enden», sagt er rückblickend. Es war letztlich seine Angst, an der Sucht zu sterben, die ihn zur Besinnung brachte. Im Jahr 1988 unterzog er sich mit seiner ebenfalls süchtigen Frau einer sechswöchigen Behandlung in einer Entzugsklinik. Seither ist er trocken. «Ich habe gelernt, auf mich aufzupassen», sagt er. Weil er Angst vor einem Rückfall hatte, unterzog er sich vor vier Jahren noch einmal einer präventiven Behandlung in einer Suchtklinik.

Die Überwindung seiner Sucht bewahrte Ringo Starr vor dem Image eines gescheiterten Stars. Er wird der Nachwelt als äusserst erfolgreicher Schlagzeuger und Sänger, als Beatle und als sozial engagierte Persönlichkeit in Erinnerung bleiben. Vor fünf Jahren bekam Starr, wie vor ihm die übrigen Beatles, einen Ehrenplatz in der Rock and Roll Hall of Fame; seit 2002 hat er diesen auch in der «Percussive Arts Society Hall of Fame». 2013 erhielt er vom französischen Kulturministerium den Titel «Commandeur de l’Ordre des Arts et des Lettres», und vor zwei Jahren wurde der Musiker und Sänger von Prinz William zum Ritter geschlagen. Seither darf er sich Sir Richard Starkey nennen…

Quelle: Blaues Kreuz 1/2021