Geschlechterstereotypen bei der Vermarktung von Alkohol

Der Alkoholkonsum von Frauen hat in den letzten Jahren zugenommen. Dies widerspiegelt Veränderungen in der Gesellschaft, hängt aber auch mit vermehrtem auf Frauen ausgerichtetem Marketing zusammen. Zu diesem Thema hat das Public Health Institute der John Moores University in Liverpool eine Literaturübersicht publiziert.

Historisch wurde das Trinken von Alkohol stets als etwas Männliches gesehen und beworben. Frauen wurden vor allem in der Rolle als Hausfrau angesprochen oder aber für die auf Männer gerichtete Werbung sexualisiert. Seit den 1990er Jahren ist allerdings eine deutliche «Feminisierung» des Alkohols zu beobachten. Dazu gehören neue Produkte wie Fruchtbiere oder kalorien- und alkoholarme Produkte.

Auch in jüngerer Zeit werden in der Vermarktung oft noch Geschlechterstereotypen benutzt wie z. B. ein Fokus auf Schlankheit, Mutterschaft oder Mode. Die Verwendung von Geschlechterstereotypen wird aber häufig von Botschaften der Selbstbestimmung und Unabhängigkeit begleitet. 

Eine oft genutzte Strategie beim modernen Alkoholmarketing ist so genanntes «Pinking». Hierbei werden traditionell mädchenhafte Motive verwendet wie die Farbe Rosa, Glitzer oder Blumen. Dies kann einerseits als Reproduktion von Stereotypen gesehen werden, aber auch als Zelebrierung der Weiblichkeit.

Oft im Brennpunkt von Alkoholwerbungen stehen Freundschaften unter Frauen. Dies kann die Botschaft transportieren, dass Alkoholkonsum Teil einer Freundschaft ist, was Personen unter Druck setzen kann, die keinen Alkohol trinken oder versuchen, vom Konsum wegzukommen. 

Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Engagement in den sozialen Medien. Dieses ist bei Frauen grösser als bei Männern: Sie posten, liken und teilen mehr. Ein Ziel der Präsenz von Alkoholmarken in sozialen Netzwerken ist es, bei den Nutzenden die Angst zu wecken, sie würden etwas verpassen, wenn sie keinen Alkohol trinken («Fear of missing out», FOM).

Geschlechterstereotypen werden auch in anderen Branchen verwendet, zum Beispiel bei Beauty-Produkten. Alkohol stellt jedoch einen Sonderfall dar, da er gesundheitsschädigend sein kann, nach wie vor viel Leid verursacht und da es besonders vulnerable Gruppen gibt. Dies trübt die positiv konnotierten Botschaften in der Alkoholwerbung.

Amanda Atkinson, leitende Forscherin am Public Health Institute und Co-Autorin einer Literaturübersicht, gibt in einem Podcast des britischen Institute of Alcohol Studies einige Empfehlungen für den Umgang mit Alkoholmarketing ab. Die grösste Wirkung hätte ein flächendeckendes Verbot für Alkoholmarketing. Da Alkohol aber so stark in Gesellschaft und Wirtschaft verankert ist, wäre dies in nächster Zeit nicht realistisch. Wünschenswert wären aber ein proaktives System, verbindliche Richtlinien und eine Überwachung durch eine unabhängige, divers zusammengestellte Gruppe. Ebenfalls sollte Regulierung mit anderen Massnahmen wie Mindestpreisen oder Labels kombiniert werden.

-> Podcast (englisch)

-> Amanda Atkinsons Blogartikel (englisch)