Berühmte Personen, die keinen Alkohol trinken: John D. Rockefeller

Er war ein sehr erfolgreicher Unternehmer, der erste Milliardär der Weltgeschichte und wahrscheinlich der reichste Mann der Neuzeit. Und er war einer der grössten Philanthropen seiner Epoche – mehr als 500 Millionen Dollar spendete er insgesamt für wohltätige Zwecke. Was immer dieser Amerikaner sich vornahm, ging er wohlüberlegt an. Und nüchtern, im wahrsten Sinn des Wortes: Er rührte zeitlebens keinen Tropfen Alkohol an.

John Davison Rockefeller wurde am 8. Juli 1839 in Richford im US-Staat New York geboren. Er war der älteste Sohn und das zweite von sechs Kindern von William «Big Bill» Avery und Eliza Rockefeller. Während die Mutter sich um die Erziehung der Kinder kümmerte, reiste der Vater, ein notorischer Hochstapler, durchs Land und machte zweifelhafte Geschäfte mit Wundermitteln. Er kam nur sporadisch nach Hause, bis er seine Familie um 1855 für immer verliess. Von da an musste Eliza Rockefeller hart arbeiten, um ihre Familie durchzubringen. Die sehr religiöse und disziplinierte Frau brachte ihrem ältesten Sohn früh bei, viel zu arbeiten, viel zu sparen und viel zu spenden – Werte, denen John D. Rockefeller sein Leben lang treu blieb. Dementsprechend zeigte er sich früh geschäftstüchtig: Er züchtete Truthähne, verkaufte Süssigkeiten und nahm verschiedene kleine Jobs in der Nachbarschaft an. Im Alter von 16 Jahren musste der junge Mann die Schule verlassen und für seine Familie sorgen. So trat er 1855 als Lehrling in die Speditionsfirma Hewitt & Tuttle ein, wo er später als Buchhalter angestellt wurde.

Ein äusserst erfolgreicher Unternehmer

Nach John D. Rockefellers Einstieg 1858 als Teilhaber in einem Maklerunternehmen bot sich ihm etwa ein Jahr später die Gelegenheit, ein eigenes Unternehmen aufzubauen. Im Alter von nicht einmal zwanzig Jahren gründete er zusammen mit seinem Nachbarn Maurice Clark eine Handelsfirma für Lebensmittel und Gemischtwaren, die selbst in den Jahren des Bürgerkriegs florierte. In der Zwischenzeit erlebte die Ölindustrie einen Boom. John D. Rockefeller sah darin grosses Potenzial für seine weitere Karriere. «Wenn man erfolgreich sein will, muss man neue Wege beschreiten und nicht auf den ausgetretenen Pfaden des allgemein akzeptierten Erfolgs marschieren», soll er später gesagt haben. So stieg er 1863 als Mitinhaber in das Ölgeschäft der Ölraffinerie Andrews, Clark & Company ein. Daraus entstand am 10. Januar 1870 die legendäre Standard Oil Company. John D. Rockefeller war einer der Gründungsaktionäre und wurde später deren Vorsitzender. Das Unternehmen wuchs zur grössten Erdölraffinerie der Welt an. Rockefeller und seine Geschäftspartner wendeten äusserst geschickte Geschäftsmethoden an. Sie holten den Chemiker Samuel Andrews ins Boot, der die Aufbereitung von Rohöl so verbesserte, dass es praktisch ohne Abfall verwertet werden konnte. Die benötigten Fässer stellte die Firma selbst her. Auch um den Vertrieb der Ölprodukte kümmerte sie sich selbst und verschaffte sich so einen grossen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Ölfirmen. Durch den Aufkauf anderer Raffinerien und den Aufbau einer starken weltweiten Vertriebsstruktur erlangte das Unternehmen rasch eine Monopolstellung. An der Schwelle zu den 1890er Jahren kontrollierten die Standard Oil Company und ihre Tochtergesellschaften 90 Prozent aller amerikanischen Raffinerien und Pipelines.

John D. Rockefellers Karriere verlief aber alles andere als gradlinig. Im Jahr 1872 schlossen sich mehrere Unternehmen der Ölbranche aus der Region zu einem Trust zusammen, der sogenannten South Improvement Company. Der Jungunternehmer war an vorderster Front dabei. Ziel war es, durch Absprachen mit örtlichen Eisenbahngesellschaften möglichst niedrige Frachttarife für Rohöl aus der Region zu erzielen. Als dies ans Licht kam, stiess Rockefeller auf starken rechtlichen und politischen Widerstand und musste einige Betriebe schliessen. Aufgeben kam für ihn aber nie infrage. In seinen Worten: «Ich habe immer versucht, jedes Problem in eine Möglichkeit zu verwandeln.» In den folgenden Jahren kaufte John D. Rockefeller immer mehr Unternehmen und Anlagen der Ölindustrie auf, und die Standard Oil Company baute ihr Netz von Tochterfirmen mit grossem Geschick aus. Nicht nur Ölfirmen, sondern auch Bahngesellschaften und Banken waren für den Grosskonzern tätig. Gleichzeitig wuchs der politische Widerstand gegen Trusts, Monopole und Kartelle. Nachdem der freie Markt lange Zeit kaum reguliert worden war, führten einzelne Bundesstaaten Gesetze ein, um die Konzentration von wirtschaftlicher Macht zu begrenzen. Im Jahr 1890 erliess der US-Kongress das erste Antitrust-Gesetz, und in den folgenden Jahren kamen weitere Erlasse hinzu – sie richteten sich vor allem gegen die wirtschaftlichen Aktivitäten von John D. Rockefeller. Der angeschlagene Ruf des inzwischen reichsten Mannes der Welt wurde durch die Medien weiter verschlechtert. Allen voran war es die Journalistin Ida Tarbell, die in verschiedenen Artikeln das Bild des erfolgreichen Unternehmers als gierigen und skrupellosen Raubritter zementierte. Sie schrieb: «Es besteht kaum ein Zweifel daran, dass Mr. Rockefellers Hauptgrund, Golf zu spielen, darin besteht, länger zu leben, um mehr Geld zu verdienen.» Vor allem war sie bestrebt, die Methoden der Standard Oil Company publik zu machen. Diese war dafür bekannt, Firmen unter wirtschaftlichen Druck zu setzen: Wenn sie mit ihr kooperierten, erwarteten sie grosse Gewinne. Wenn sie jedoch nicht kooperierten, wurden sie aus dem Markt gedrängt. Die Politiker reagierten nur zögerlich auf den öffentlichen Widerstand. Erst 1906 wurde die Firma wegen Verstosses gegen den Anti-Trust Act angeklagt. Der Klage wurde 1911 stattgegeben. Dies führte zur Auflösung und Aufteilung der Standard Oil Company in mehr als dreissig Einzelunternehmen.

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John D. Rockefeller war bis dahin Präsident des Unternehmens geblieben. Aus dem aktiven Geschäftsleben hatte er sich schon 1897 nicht zuletzt wegen gesundheitlicher Probleme zurückgezogen.

Doch auch im Ruhestand blieb Rockefeller im Ölgeschäft aktiv. Er kaufte Aktien von Nachfolgefirmen der Standard Oil Company, mit denen er nach wie vor ausgezeichnete Gewinne erzielte, zumal die zunehmende Verbreitung des Automobils und der Erste Weltkrieg die Nachfrage nach Öl in nie gekannte Höhen trieben. John D. Rockefeller war einer der reichsten, wenn nicht der reichste Mensch der Weltgeschichte. Laut Berechnungen des Wirtschaftsmagazins Forbes besass er ein Gesamtvermögen von rund 300 Milliarden Dollar. Im Verhältnis zur damals armen Bevölkerung war er so reich wie heute ein mehrfacher Billionär.

Rockefellers andere Seite: der Wohltäter

John D. Rockefeller stammt aus einer Familie gläubiger Baptisten. Schon als Kind wurde er von seinen Eltern dazu angehalten, einen Teil des Geldes, das er erhielt, zu verschenken. Deshalb spendete er bereits während seiner Schulzeit: Wenn er auch nur einige Cents geben konnte, gingen diese an kirchliche Einrichtungen in seinem Umfeld. Geld, das er selbst als Geschenk Gottes ansah, war für ihn nie nur zum Sparen oder Anlegen da – auch wenn er genau das mit einem grossen Anteil seines Gewinns tat. «Meiner Meinung nach ist es die Pflicht eines Menschen, so viel Geld zu verdienen, wie es ehrlich möglich ist, und dann so viel wie möglich zu verschenken», wird er zitiert. Während seiner aktiven Jahre als Unternehmer steckte John D. Rockefeller Millionen in die Förderung von universitärer Bildung, Forschung und öffentlicher Gesundheit. Im Jahr 1890 spielte er beispielsweise eine Schlüsselrolle bei der Gründung der University of Chicago. Nach seinem Rückzug aus dem Berufsleben konzentriere er sich ganz auf seine Aktivitäten als Philanthrop. So gründete er 1901 das Rockefeller Institute for Medical Research und 1903 das General Education Board, das heute als Adobe Bluffs Educational Foundation fortbesteht. Schliesslich wurde 1913 die Rockefeller-Stiftung gegründet, die seither die Gelder verteilt – zum Beispiel, als 1927 zwei Millionen Dollar in das Rockefeller Archeological Museum in Jerusalem gingen. Es wird geschätzt, dass Rockefeller zu Lebzeiten mehr als 500 Millionen Dollar für wohltätige Zwecke ausgegeben hat – der genaue Betrag ist unbekannt. Für ihn waren diese Summen jedoch nicht so sehr wohltätige Spenden, sondern vielmehr der Anstoss dazu, beim Empfangenden etwas zu verändern: «Wohltätigkeit ist schädlich, es sei denn, sie hilft dem Empfänger, von ihr unabhängig zu werden», so seine Meinung.

Rockefeller als Privatperson

Die Erziehung durch seine streng gläubige Mutter und der baptistische Glaube prägten John D. Rockefellers Gesinnung. Er lebte nach den strengen Regeln dieser Gemeinschaft. Alkohol, Rauchen und Tanzen waren für ihn tabu. Er befolgte diese Regeln aus innerer Überzeugung und nicht aus Pflichtgefühl. Sein Enkel David Rockefeller sagte später: «Grossvater trug die Gebote seiner Religion, all diese Dinge, die uns eine Last wären, mit Leichtigkeit und Freude. Er war der am wenigsten verdriessliche Mensch, den ich jemals getroffen habe. Er lächelte stets, war immer zum Scherzen aufgelegt und erzählte lustige Geschichten. Oft begann er beim Abendessen leise eines seiner Lieblingslieder zu singen. Er sang nicht für jemanden, sondern es war, als ob ein Gefühl von Frieden und Zufriedenheit aus ihm herausströmte.» Was Rockefeller tat, war nie unüberlegt. Bevor er sich auf ein Geschäft einliess, erforschte er sorgfältig die Erfolgsaussichten – Spekulation und nicht kalkulierte Risiken waren ihm fremd. Wo er mit anderen Menschen zusammenarbeitete, zeichnete er sich durch Ernsthaftigkeit, Fleiss, exakte Arbeit (einschliesslich einer akribischen Finanzbuchhaltung) und Ehrlichkeit aus. Er übernahm bereitwillig Verantwortung und wusste, was er delegieren musste und an wen. «Ich verdiene lieber ein Prozent durch die Arbeit von hundert Leuten als hundert Prozent durch meine eigene Arbeit», sagte er einmal. Trotz seines grossen Reichtums lebte John D. Rockefeller relativ bescheiden. Lange Zeit wohnte er in einem einfachen Haus in einer Seitenstrasse der Fifth Avenue in New York. Dabei besass seine Familie grosse Anwesen im Hudson Valley.

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John D. Rockefeller heiratete am 8. September 1864 Laura Celestia Spelman, die aus einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie in Cleveland, Ohio, stammte. Das Paar hatte fünf Kinder: Alta, Alice (die im Säuglingsalter starb), Edith und John Davison Junior. John D. Rockefeller achtete seine Frau, die er liebevoll Cettie nannte, hoch. Als sie 1915 starb, sagte er: «Ihr Urteilsvermögen war stets besser als meines. Sie war eine ungewöhnlich kluge Frau. Ohne ihren scharfsinnigen Rat wäre ich heute ein armer Mann.»

Ein reiches Erbe

Schon ab der Mitte seines Lebens überliess Rockefeller die wirtschaftlichen und wohltätigen Aktivitäten nach und nach anderen Familienmitgliedern. Noch bevor der Unternehmer am 23. Mai 1937, kurz vor seinem 98. Geburtstag, starb, hatte sein Sohn John D. Rockefeller Junior die Verantwortung für die Rockefeller-Stiftung übernommen. Heute lebt das Erbe des Vaters weiter: Die Familie Rockefeller hat ein riesiges Imperium aus vielen Firmen aufgebaut. Der 1999 gegründete Ölkonzern Exxon Mobil kann als direkter Nachfolger der Standard Oil Company bezeichnet werden. Die Bank J. P. Morgan Chase & Co., heute eine der grössten Investmentbanken der Welt, geht unter anderem auf die von John D. Rockefeller Junior geführte Equitable Trust Bank zurück. Die Rockefeller-Gruppe mit Sitz in New York ist vor allem im Immobiliengeschäft tätig. Seit ihrer Gründung hat sie ihren Hauptsitz im Rockefeller Center, das in den 1930er Jahren errichtet wurde. Auch die Rockefeller-Stiftung besteht bis heute fort, ebenso wie zahlreiche Bildungs- und Kultureinrichtungen, die auf die Initiative der Rockefellers zurückgehen, darunter Museen und Hochschulen an verschiedenen Orten in den USA. Zu seinen Lebzeiten hat sich John D. Rockefeller aus christlicher Überzeugung für das Wohl anderer eingesetzt und in der Welt Spuren hinterlassen. Weit über seinen Tod hinaus.

Quelle: Blaues Kreuz 1/2022