Wir wehren uns gegen diese Dramatisierung, die vor dem Hintergrund der sozialen und gesundheitlichen Schäden des Alkohols nicht gerechtfertigt ist.
Wir haben folgenden Brief an den Bundesamtsdirektor verfasst:
Sehr geehrter Herr Bundesamtsdirektor
Mit Befremden haben wir oben genannte Medienmitteilung zur Kenntnis genommen. In deren Lead wird der Rückgang des Weinkonsums gegenüber dem Vorjahr als «besorgniserregender Trend» bezeichnet. Vor dem Hintergrund von knapp 10'000 Alkoholtoten, von 300'000 Alkoholabhängigen, von über hundert durch Alkohol verursachten Krankheiten, darunter sieben Krebsarten, von 1'400 Geburten mit FASD, von 100'000 Kinder, die in suchbelasteten Familien leben, von der Hälfte aller Fälle häuslicher Gewalt, die im Zusammenhang mit Alkohol stehen, sowie von 2,8 Mia. Franken volkswirtschaftlicher Schäden (alle Zahlen pro Jahr!) ist die Beurteilung des Bundesamtes für Landwirtschaft unverständlich. Früher das BAZG und heute das BAG setzen sich seit Jahrzehnten für eine Reduktion der von Wein und Alkohol verursachten Schäden ein. Das BAFU führt ebenfalls seit Jahrzehnten Unfallverhütungskampagnen durch, vor allem zur Verhütung von Verkehrsunfällen. Dem läuft die Medienmitteilung des BLW zuwider. Hinzu kommt, dass der Alkoholkonsum seit dreissig Jahren rückläufig ist. Der letztjährige Rückgang bestätigt diesen Trend. Alkoholkonsum an sich ist nicht positiv und sein langjähriger Rückgang kein «besorgniserregender Trend». Im Gegenteil: Ein geringerer Wein - und Alkoholkonsum könnte die obengenannten zwischenmenschlichen, gesundheitlichen und volkswirtschaftlichen Schäden verringern. Medien (SRF und TA-Media) haben verwundert auf die Medienmitteilung reagiert. Eine Glosse und die dazugehörenden Kommentare drehten das Thema ins Humoristische.
Wir bitten das Bundesamt für Landwirtschaft höflich, in Zukunft Interpretationen über Wein- und Alkoholkonsum zu unterlassen oder diese in Absprache mit BAG, BSV und BFU im Sinne der öffentlichen Gesundheit abzufassen. Im Weiteren bitten wir das BLW, in Zukunft nicht mehr die Sprache der Alkoholindustrie zu übernehmen. Gerade die Alkoholkultur ist in einem stetigen rasanten Wandel. Zusätzlich sollte sich das Bundesamt für Landwirtschaft überlegen, ob es seine Veröffentlichungen über den Wein- und Alkoholkonsum nicht von jenen über den Weinanbau (Anbauflächen, Erntemenge etc.) und das daraus folgende Angebot trennen will. Gerne informieren wir die Mitarbeitenden des BLW über Alkohol, seine Schäden und Risiken. Schon jetzt machen wir Sie auf unsere Empfehlungen zum Alkoholkonsum aufmerksam. Wir danken Ihnen für die Kenntnisnahme unserer Anliegen, freuen uns über deren Umsetzung und stehen Ihnen für Rückfragen gerne zur Verfügung.
Freundliche Grüsse