Das letzte Kapitel

Nach rund 140 Jahren schliesst der Blaukreuz-Verlag seine Pforten. Ab nächstem Jahr werden keine neuen Bücher mehr erscheinen. Für die Rechte und Bestände des aktuellen Sortiments suchen wir zurzeit neue Eigentümer. Die Lieferbarkeit der übrigen Bücher sowie der Webshop mit seinem umfassenden Angebot an Büchern rund um das Thema Sucht bleiben vorerst bestehen.

Der Blaukreuz-Verlag befindet sich seit vielen Jahren in einer schwierigen finanziellen Situation. Die Gründe dafür sind vielfältig: Die Buchverkäufe gehen stetig zurück, der Kreis unserer treuen Stammkundschaft wird mit den schrumpfenden Mitgliederverbänden immer kleiner und viele Buchhandlungen mussten in den letzten Jahren schliessen. Die Buchpreise sind gesunken und die Produktionskosten gestiegen.

Das Blaue Kreuz hat lange gezögert, seinen traditionsreichen Verlag zu schliessen. Ab 2021 versuchten wir, ihn auf Nischen auszurichten. Wir setzten auf Kinderbücher, die stark machen, Vorlesebücher für ältere Menschen und ab und zu auf ein Buch zu einem suchtrelevanten Thema. Alle drei Segmente unterstützen auf ihre Weise die Suchtprävention.

Der Zentralvorstand hat für die Neuausrichtung eine Frist von drei Jahren gesetzt, um dann endgültig über die Zukunft zu entscheiden. Die Erträge sind zwar gestiegen, aber leider nicht in einem Umfang, der den Verlag aus der Verlustzone geführt hätte. Folgerichtig, aber schweren Herzens, haben die Verlagsleitung, die Geschäftsleitung und der Zentralvorstand einhellig beschlossen, den Verlag zu schliessen.

Eine lange Geschichte

Sieben Jahre nach der Gründung des Blauen Kreuzes wurde 1884 der Blaukreuz-Verlag ins Leben gerufen. Unter dem ersten Verlagsleiter Albert Stahel und seinem Nachfolger Felix Bovet erschienen verschiedene Zeitschriften wie beispielsweise der «Hoffnungsbund», ein Jahreskalender und 1904 das Blaukreuz-Liederbuch.

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 1949 kam es zur ersten Reorganisation. Mit der Veröffentlichung der ersten Erzählung (Ernst Amacher, «Das grosse Los») begann der Blaukreuz-Verlag neu auch Bücher herauszugeben. Von 1950 bis zu seiner Pensionierung 1992 prägte Edi Müller den Verlag massgeblich. Diverse Kinder- und Jugendbuchpreise, die Übernahme des Sonnenheimat-Verlags sowie zwei Umbauten des Chalet Bovet zeugen vom stetigen Wachstum des Verlags. In den Neunzigerjahren war der Zenit erreicht. Edi Müllers Nachfolger Ernst Zürcher musste Zeitschriften einstellen und Personal abbauen. Nach seiner Pensionierung 2006 übernahm Lars Lepperhoff den Verlag und leitete ihn bis 2017.

Mit der Fusion der einstigen Dachorganisationen zum Blauen Kreuz Schweiz 2013 wurde der Verlag von diesem übernommen. 2017 wurde die Eigenständigkeit aufgegeben und der Verlag in den Bereich Kommunikation und Fundraising integriert. Nach einer Vakanz und einem kurzen Einsatz von Anita Stettler folgte 2019 die letzte Verlagsleiterin, Barbara Graber. Sie erhielt den Auftrag, mit einem neuen Konzept den Umsatzrückgang zu bremsen und das Betriebsergebnis in den Bereich einer «schwarzen Null» zu führen. Trotz Steigerungen bei Umsatz und Absatz zeichnete sich jedoch ab, dass der Verlag unter den gegebenen Umständen nicht mehr überlebensfähig war. Der Zentralvorstand hat deshalb im Herbst 2022 die geordnete Schliessung beschlossen.

Die Hits

Unter den mehr als hundert Titeln des aktuellen Verlagsprogramms sind einige, die grosse Erfolge feiern konnten. «Schwester Agnes» von Marta Wild und «Der Räuber Knatter-Ratter» von Ursula Lehmann wurden über 30 000 Mal verkauft. Die Reihe «Berndeutsche Geschichten» ist seit vielen Jahren ein sicherer Umsatzbringer. Der Spitzentitel «Dr Chäsereibueb» von Marie Dubach verkaufte sich über 6000 Mal. Weitere erfolgreiche Autorinnen und Autoren der letzten Jahre waren Hans Eglin, Peter Schulthess, Josy Doyon, Simea Schwab und Ursula Meier-Nobs. In jüngster Zeit ist der Erfolg der beiden Bücher von Johannes Greisser mit einer von ihm entwickelten Methode der «Burggemeinschaft» zur Stabilisierung der Persönlichkeit von Kindern zu erwähnen. Den Schlusspunkt der langen Bücherliste setzt Mitte Oktober «Uelis blaui Cherze» von Barbara Wyder.

Ein herzliches Dankeschön an unsere treuen Kundinnen und Kunden – unser Webshop ist weiterhin für Sie da und liefert bis auf weiteres alle lieferbaren Bücher! Barbara Graber und ihren Vorgängerinnen und Vorgängern danken wir ganz herzlich für ihren grossen und professionellen Einsatz. Der Zentralvorstand prüft zurzeit den Aufbau einer Blaukreuz-Schriftenagentur mit informativen Drucksachen zu Suchtfragen. Wir werden Sie zu gegebener Zeit informieren.

Quelle: Blaues Kreuz 5/2023